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Donnerstag, 4. Dezember 2014

Leidenschaft (Teil 1)

Ich war nicht immer gehörlos. In meinen ersten 20 Lebensjahren hatte ich eine riesige Leidenschaft: das Tanzen.  Mit Bewegungen konnte ich mich ausdrücken, jegliche Art von Gefühl konnte ich in Bewegung umwandeln. Ich habe getanzt, wenn ich glücklich war und ich habe getanzt, wenn ich Dampf ablassen musste. Wenn ich mich zu Musik bewegen konnte, war ich wie in einer anderen Welt. Sie hat mich gefesselt, inspiriert und gefordert. Sogar abends, wenn ich im Bett lag und nicht schlafen konnte, dann habe ich in Gedanken einfach weiter getanzt. Und das gab mir so ein unendlich erfüllendes Gefühl. Ich war bei Weitem nicht so gut, wie ich hätte sein wollen. Aber genau das war die tolle Herausforderung.
Ich habe während einigen Jahren Kinderjazz unterrichtet. Es kommt mir vor, als wäre es gestern gewesen. Pünktlich wie die Bahnhofsuhr haben die kleinen Monsterchen die Studiotür eingerannt. Alle immer topschick gekleidet und mit grossen glänzenden Augen. Bis dahin wusste ich nicht, wieviel man aus Kindern herausholen kann, wenn man mit ihnen zusammen tanzt. Hemmungslos wurden die Hüften geschwingt und wir haben gespielt und gelacht. Ende der Stunde war ich jedesmal überrascht. Egal wie schwierig die Choreographien waren... wenn sie den Kindern gefallen haben, dann war nichts ein Hindernis für sie. Weder Tempo noch Synchronität. Es war eine wirklich  wunderbare Zeit mit ihnen.
Ich habe mich damals hauptsächlich durch Workshops weitergebildet. Zum einen bei Daniela Baumann und zum anderen bei Detlef Soost. Bei Detlef bin ich wahrscheinlich zum ersten Mal in meinem Leben an meine körperlichen Grenzen geraten. Nachdem wir uns zuerst eine Stunde aufwärmen mussten mit etlichen Liegestützen und anderen Übungen, die man noch wochenlang in den Knochen spürte, meinte er ganz locker: "So, jetzt fangen wir an." Danach hiess es, nochmals 3 Stunden durchzubeissen. Mich persönlich hat Detlef mit seiner Art dermassen motiviert, ich hätte mir lieber die Lunge herausgehustet, als aufzugeben. Das Gefühl nach einem erfolgreich abgeschlossenen Workshop war für mich einfach unglaublich. Eine Mischung aus Erschöpftheit, Schmerzen, Überforderung, aber auch Stolz. Unheimlich viel Stolz.

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