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Freitag, 30. Januar 2015

In der Kinderklinik

Der nächste Termin fand nun also in der Kinderklinik statt. Nicht mal über mein geliebtes Google konnte ich annähernd herausfinden, was man hier mit mir machen würde. Deswegen war ich nun schon wieder total nervös. Zum Glück hatte eine gute Freundin von mir Zeit mich zu begleiten.
Eine nette Dame holte uns im Wartezimmer ab. Sie war ganz normal gekleidet, ohne weissen Kittel und sah sehr sympathisch aus. Als sie meine Freundin fragte, ob sie auch bei den Tests dabei sein wolle, war ich erleichtert. Es konnte also nichts allzu Schlimmes sein. Und genauso war es dann auch. Harmlos. Es ging darum, dass wir uns auf einem Kassettenrekorder (oh ja, die Dinger gibt es noch!) verschiedene Geräusche anhörten und dann sagen mussten, worum es sich bei dem Geräusch handelt. Es handelte sich dabei um ganz alltägliche Geräusche wie zum Beispiel den Lärm einer Autobahn, eines vorbei fahrenden Zuges, das Geräusch wenn sich jemand die Zähne putzt. Und so weiter. Es war für mich so deprimierend. Denn meine Freundin konnte fast alles problemlos zuordnen und ich hörte einfach nur Lärm. Die Lautstärke spielte dabei überhaupt keine Rolle. Ich konnte höchstens unterscheiden, ob es ein Rauschen, ein Surren oder ein Schreien war. Mehr war nicht drin. Ich habe der Logopädin angemerkt, dass sie total Mitleid hatte. Sie sagte auch, dass sie noch nie einen Patienten hatte, der so Mühe hatte mit dem Zuordnen von Geräuschen.
Auf der einen Seite ist das ja ganz gut, wenn man nirgendwo etwas findet, denn das heisst ja, dass alles gesund ist. Aber das Mysterium wurde gleichzeitig auch grösser und die Frage immer schwieriger: Wo liegt das Problem?
Klar war jetzt also, dass ich zwar hörte, aber mein Hirn nicht wirklich aufnehmen konnte, um was es sich handelt. Die aufmerksamen Leser werden jetzt so etwas wie ein Déjà-Vu haben: Hatte ich nicht genau das schon vor einiger Zeit selber festgestellt? Und man sagte mir dann, dass das ja nicht möglich sei? Und wie sollte es jetzt weitergehen? Die Logopädin schrieb natürlich einen Bericht darüber. Doch ich hatte wirklich überhaupt keine Lust, mit diesem zurück zum Professor zu gehen und ihm zu beweisen, dass ich recht hatte. Es würde sowieso nichts bringen. Also musste ich mir selber etwas überlegen...

Mittwoch, 28. Januar 2015

Süsse Überraschung

... Als ich den Brief mit dem Aufgebot für die nächsten Tests öffnete, traf mich fast der Schlag. Der Test beim Neuropsychologen dauert sage und schreibe volle 4 Stunden. Was in aller Welt hatte denn der Mann mit mir vor? Eine mentale Weltreise? Und als ich dann den Namen des Arztes las, musste ich laut rauslachen. Leider kann ich ihn hier nicht erwähnen, da ich mir vorgenommen habe, Namen wegzulassen. Schliesslich möchte ich volle Schreibfreiheit. Nennen wir ihn einfach Dr. Friedrich, denn das klingt auch einigermassen altmodisch. Nicht annähernd SO altmodisch wie der richtige Name. Ich habe ein sehr bildhaftes Gedächtnis. Manchmal ist das recht eklig und teilweise auch ziemlich lustig. Unter Dr. Friedrich ergibt sich also in meinem Hirn automatisch ein Profilbild. Es ist ein alter, dürrer Mann mit nur noch ein paar Häärchen auf dem Kopf. Diese schimmern so weiss wie sein Kittel. Auf der Nase hat er eine Brille sitzen, mit riesigen runden Gläsern, welche dick und schwarz umrandet sind. Auf Grund seines Alters geht er schon leicht gebückt durch die Gänge. Ach wie ich mich doch freute, vier Stunden lang mit meinen Augen an seinen Lippen zu hängen (Ja, beim Lippenlesen ist das nun mal so). Ich konnte nur hoffen, dass er ein schönes Gebiss haben würde und seine Zähne nicht aussahen wie ein abgebranntes Dorf. An Fantasie und Vorstellungsvermögen hat es mir noch nie gemangelt.
Da sass ich also im Flur und wartete auf ihn. Ein überdurchschnittlich gut aussehender Medizinstudent oder Pfleger ordnete im Untersuchungszimmer irgendwelche Dossiers. Schon als er vorhin im Flur an mir vorbei lief, ist er mir aufgefallen. Er zog eine angenehm riechende Parfümwolke hinter sich her... nicht zu viel, nicht zu wenig.
Als er fertig war mit seinen Dossiers - ich beobachtete ihn, da die Türe einen Spalt weit offen stand - öffnete er die Tür, lächelte mich sympathisch an und sagte: "Guten Tag, mein Name ist Friedrich!"
Hatte ich mich nicht vorhin gerade noch über die 4 Stunden beklagt? Ha, was sind schon vier Stunden. ;-)
Nun, diese Tests bestanden darin mein Hirn zu testen. Und zwar nicht mit medizinischen Geräten, sondern ganz simpel mit diversen Aufgaben. Da musste ich zum Beispiel aus Klötzen eine vorgegebene Skulptur bilden, während der Dr. Schönling die Zeit gestoppt hat. Es kamen auch gewisse Logikaufgaben aus dem Bereich Mathematik. An einem Pc wurde meine Reaktion gemessen, es kam mir alles sehr spielerisch vor. Wenn ich etwas mit den Händen machen musste, hat er auch immer genau meine Hände und deren Bewegungen beobachtet. Es war übrigens auch überhaupt nicht unangenehm, ihm von den Lippen ablesen zu müssen, ganz im Gegenteil.
Die 4 Stunden gingen viel zu schnell vorbei. Nachdem er meine Ergebnisse ausgewertet hatte und ich eine kleine Denkpause gegönnt bekam, erhielt ich die Resultate. Ich hätte alle Tests mit überdurchschnittlichen Ergebnissen abgeschlossen. Das will jetzt nicht heissen, dass ich überdurchschnittlich intelligent bin. Sondern, dass ich unter Druck einfach sehr viel aus mir rausholen kann. Man will ja schliesslich imponieren.
Und somit endete dieser Tag, wider allen Erwartens, sehr glücklich. Sowohl im Bauch-, Herz- und auch Kopfbereich.
Wiedermal scheint gesundheitlich alles in Ordnung zu sein. Und das Abenteuer nach der Auflösung des Rätsels geht weiter....

Freitag, 23. Januar 2015

Ich, die Simulantin (Teil 1)

Meine Ausgangslage war nicht gerade optimal. Denn jeder wusste, warum ich die Tests nun zum zweiten Mal machte: Ich war eine Simulantin. Was mich an der Sache am allermeisten störte war, dass ich etwas beweisen musste. Und zwar das Bestehen eines Leidens, das ich ja selber am liebsten gar nicht hätte!!
Im Spital machte ich also noch mal die ganze Testreihe durch. Diesmal war jedoch ständig eine Frau neben mir, die mich bös anschaute und pausenlos beobachtete. Eigentlich noch ein gemütlicher Job, den die Frau da hat. Ich frage mich gerade, wie die Ausbildung zur Simulantenbeobachterin so abläuft... Ob man dazu an die Universität muss? Jedenfalls hat sie das "ruhig sitzen" ganz bestimmt lange geübt. Die Tests dauerten Stunden und sie hat nicht ein Wort von sich gegeben. Das machte die ganze Situation noch etwas entspannter.
Nach dem ganzen Cabaret teilte mir der Professor mit, dass die Resultate übereinstimmten mit der ersten Testreihe. Es herrschte eine beklemmende Ruhe. Ich wartete darauf, dass er sich für die Unannehmlichkeiten und den Vorwurf entschuldigte. Doch es kam nichts. Genauso war auch sein prüfender Blick noch immer derselbe. Ich merkte, dass er mit der Situation nicht zufrieden war. War es, weil er sich geirrt hatte und nun nicht weiss, wie er reagieren soll? Oder lag es daran, dass er absolut keinen blassen Schimmer hatte, was mir fehlt? Es wäre natürlich schon mega praktisch gewesen, wenn man die ganze Sache hätte abgeben können. In die Psychiatrie zum Beispiel. Oder in die Abteilung für eingebildete Kranke. Hauptsache aus den Augen. Aber ich sass nun mal noch da und er schuldete mir eine Antwort.
Ich muss hier auch noch kurz festhalten, dass es ihm auch nach so vielen Gesprächen nach wie vor nicht möglich war, deutlich genug mit mir zu sprechen. Meine Mutter war stets als "Dolmetscherin" dabei.
Wenn ich so am Schreiben bin, dann merke ich, dass mir dieser Professor eigentlich ganz gelegen kam. In meinen Augen ist es ein Vertrauensbruch gegenüber seinen Patienten, wenn man diese nicht ernst nimmt. Mit dieser Enttäuschung entwickelte er sich zu meinem persönlichen Sündenbock, auf den ich eigentlich auch meinen ganzen Frust betreffend dem Hörverlust schieben konnte.
Ich versuchte ein letztes Mal mich zu erklären. "Es kommt mir so vor, als wären nicht meine Ohren das Problem, sondern mein Hirn. Die Information gelangt einfach nicht durchs Ohr bis zum Hirn." Da lernte ich wieder etwas Neues. Ärzte mögen es nicht sonderlich, wenn man selber eine Idee zur Diagnose hat. Schliesslich sind ja sie die Schlauen und nicht wir Patienten. Also wurde diese Aussage wie auch alles andere abgewimmelt.
Für den Professor war der Fall nun abgeschlossen. Er könne nichts für mich tun, ausser einen korrigierten Bericht an die IV schicken. Mir kam das sehr recht. Ich hatte auch überhaupt keine Lust mehr, bei diesem Mann weiterhin meine Zeit zu vergeuden. Die Sekretärin  teilte mir noch mit, dass ich bald (in Spitälern sollte das Wort neu definiert werden) ein Aufgebot bekommen würde von einem Neuropsychologen. Keine Ahnung was das ist, aber klingt viel versprechend und intelligent. Ebenfalls würde ich einen Termin bekommen in der Logopädie der Kinderklinik. Aha. Weitere Erklärungen dazu gab es leider nicht und schon standen wir draussen vor der Tür.
Du kannst dir sicher vorstellen, wie viel Zeit ich in den letzten Jahren verbracht habe mit Gedanken. Und Google.

Mittwoch, 21. Januar 2015

Unfair


Als ich am Mittag den Briefkasten leerte, war ein Bericht von der Invalidenversicherung mit dabei. Ich erwartete ein Schreiben, in dem mir mitgeteilt wird, dass man für mich ein Dossier eröffnet hat. Da es aber immer anders kommt als man denkt, erlebte ich eine grosse Überraschung: Es wurde mir nämlich mitgeteilt, dass aufgrund des Schreibens vom Professor, mein Leiden einen psychischen Hintergrund habe. Das hat dann mein Fass endgültig zum Überlaufen gebracht und ich war nun bereit zu Schreien, so laut ich nur konnte. Ich hatte so eine Wut auf diesen Professor, denn mir hatte er nicht gesagt, dass er diesen Verdacht hat. Ich konnte das wirklich nicht auf mir sitzen lassen. Meine Eltern haben mir also geholfen, schnellstmöglich nochmal einen Termin bei ihm zu bekommen um die Sache klären zu können. Wir waren wirklich entsetzt über dieses Schreiben hinter meinem Rücken durch. Nie zuvor in meinem Leben habe ich mich so abgestempelt gefühlt.

Als ich ihm dann endlich (nach einer gefühlten Wartezeit von einem halben Jahrhundert) zu einem Gespräch gegenüber sass, war meine grösste Wut schon vorbei. Oder hatte sich in Angst umgewandelt. Denn ich wollte ja auch Hilfe von diesem Mann. Welch eine Zwickmühle.
Ich habe wirklich versucht, sachlich zu bleiben und darauf zu bestehen, dass man mich ernst nehmen muss. Des Professors Vorschlag war, die ganze letzte Testserie nochmals zu wiederholen mit einer Kontrollperson. Da meine Resultate so abwichen von den Normalen, ging er davon aus, dass ich schummelte. "Wie in aller Welt kann man den bei medizinischen Tests schummeln?" fragte ich, vor lauter Wut und Enttäuschung schon mit den Tränen kämpfend. Er meinte dann, dass ich mich wohl absichtlich nicht entspannt hätte und mit der verkrampften Haltung würde man es schaffen, die Tests zu "manipulieren". In mir drin fand gerade eine emotionale Achterbahn statt. Mit hunderten von Loopings flitzte die Bahn mit einer Geschwindigkeit von mindestens 130h/km durch meinen Körper. Ich sah keinen anderen Ausweg, als in Tränen auszubrechen. Ich wusste nicht mehr was ich denken soll. Es geht mir schlecht, ich verliere mein Gehör, mein Leben stellt sich gerade total auf den Kopf und nun wird behauptet, dass ich das alles simuliere? Welchen Hintergrund muss man denn haben, um so etwas zu simulieren? Oder wie bitte kommt man überhaupt auf den Gedanken, so etwas zu tun?
Ausserdem - ganz unabhängig von den nächsten Resultaten - verlangte die IV nun auch noch ein psychiatrisches Gutachten. Mir war zu dem Zeitpunkt nicht bewusst, dass man dieses nicht schon nach einer Sitzung erhält. Man lernt immer wieder dazu.

Freitag, 16. Januar 2015

Wartezeit...

"Wenn man die Zeit, die ich im Wartezimmer verbracht habe zusammenzählt, hätte ich ebenso gut Medizin studieren, den Facharzt in Neurologie machen und mich selbst behandeln können." 😊

Die Auswertungen meiner letzten Tests waren nicht sehr viel aussagend. Man sah, dass mein Hörnerv rebelliert und überhaupt nicht so funktionierte, wie er sollte. Doch sogar der Doktor Professor hatte solche Resultate noch nie gesehen. Also wusste er auch wieder nicht weiter.
Da sich mein Gehör weiterhin im Schneckentempo verschlechterte, war es mir ein grosses Anliegen, dass der Professor mich bei der Invalidenversicherung anmeldete. Im Moment erwartete ich nichts von ihnen. Aber da keiner meine Prognose wusste, war mir das so lieber. Der Professor schrieb also einen zusammenfassenden Brief über all meine Tests und Auswertungen und schickte den zur IV.

Während der ganzen Warterei ging mein Leben ja trotzdem weiter. Ich merkte, dass ich bei der Arbeit überhaupt keine Nerven mehr hatte. Ich war sehr viel krank und extrem erschöpft. Mein Hirn hatte sich nun angewöhnt, den Leuten beim Sprechen von den Lippen zu lesen. Das machte es zumindest etwas einfacher, das Nötigste zu verstehen. Der Telefondienst war unmöglich geworden, doch das glaubte mir nach wie vor keiner. Ich verstand nicht mehr, wer am Telefon war; konnte nicht einmal mehr beurteilen ob die Stimme männlich oder weiblich war. Ich hörte nur noch Geräusche, welche ich nicht zuordnen konnte. Lärm.
Ich konnte mich zu dem Zeitpunkt auch ganz schlecht ausdrücken. Ich wollte ja keinen unnötigen Aufstand machen, aber trotzdem mitteilen, dass es mir nicht gut ging. Das hat leider so nicht funktioniert. Ich habe es einfach nicht hinbekommen, mir das nötige Verständnis und auch Einfühlungsvermögen zu holen. Das hat mich wahnsinnig traurig gemacht und ich fühlte mich sehr einsam; in mich gekehrt. Auch in den Arbeitspausen habe ich jeweils nichts mehr mitgekriegt. Wir waren immer etwa zu fünft im Pausenraum, aber bei Gruppengesprächen konnte ich nicht mehr folgen. Die Kommunikation funktionierte nur noch beim Gespräch mit einer einzelnen Person. Ich habe dann irgendwann begonnen, mich von den anderen zurück zu ziehen. Ich ging sehr gerne alleine in die Pause um mich zu erholen und die Ruhe zu geniessen.
In der Zeit lastete ein enormer Druck auf mir. Ich wurde schon nervös, wenn jemand auf mich zu lief. Weil die Person könnte ja etwas von mir wollen und ich würde dumm dastehen, wenn ich sie nicht verstehen würde. Meine Mitarbeiter und auch meine Freunde wussten ja, dass die Ärzte bei mir nichts fanden und nahmen mich deswegen auch nicht so ganz ernst. Ich möchte hier aber auf keinen Fall irgendwelche Vorwürfe austeilen. Denn ich war ja auch nicht im Stande mich mitzuteilen. Jedenfalls nicht wie ich es gerne gewollt hätte. Ein Freund sagte mir einmal: "Nur wer schreit, wird auch gehört!" Ich war bis dahin eigentlich völlig vom Gegenteil überzeugt. Aber da ich damit keinen Schritt weiter kam, beschloss ich, zu rebellieren. Zu Schreien. Auf mich aufmerksam zu machen.

Dienstag, 6. Januar 2015

Das erste Mal in der Neurologie

Nach einer Wartezeit von ca. 4 Monaten, habe ich dann meine Termine bekommen für die neurologischen Untersuchungen. Heute weiss ich, dass solche Abklärungen enorm lange dauern, insbesondere wenn der Zustand nicht lebensbedrohlich oder stark verschlechternd ist. Damals wusste ich das noch nicht. Für mich gab es 2 Möglichkeiten. Entweder war mein Leiden wirklich nichts Bedeutendes oder man nahm mich nicht ernst. Ich konnte hier jedoch noch nicht beurteilen, was Sache ist.
Den ersten Teil der neurologischen Untersuchungen hatte ich bei einer Neurologin in einer normalen Praxis. Ich bin fast gestorben vor Angst, da ich mir überhaupt nicht vorstellen konnte, wie diese Tests ablaufen. Schlussendlich war die Aufregung umsonst, denn die Tests waren sogar recht witzig. Mit einem Zahnstocher wurde ich an diversen Orten gepiekst, um zu sehen, ob das Gefühl überall am Körper vorhanden ist. Danach wurden die Reflexe getestet, auch da funktionierte alles einwandfrei. Auch artistische Einlagen wie auf einem Bein durch die Praxis hüpfen oder mit geschlossenen Augen mit dem Zeigefinger die Nase berühren; Ich meisterte alles erfolgreich. Meine Augen und mein Geruchssinn wurden geprüft und die Ärztin konnte nirgends ein Defizit feststellen. Die letzte Möglichkeit war, mit einer grossen Spritze Nervenflüssigkeit aus dem Rücken zu ziehen. Dies sei jedoch ein Eingriff, den man im Spital vornehme, da man danach bis zu 8 Stunden nicht mehr aufstehen dürfe. Da alle meine bisherigen Tests wirklich ausnahmslos ohne Befund waren, lehnte ich dann diese Untersuchung ab. Zum einen weil sie mir Angst machte und zum anderen weil ich sie zu übertrieben fand.
Der zweite Teil der Neurologietests fand dann wieder im Spital statt. Zuerst durfte ich nochmals für eine gute Stunde in die Röhre. Diesmal habe ich beim Ausfüllen des Formulars jedoch das Kreuzchen am richtigen Ort gemacht und im Voraus eine Beruhigungstablette erhalten. Als ich dann so in der Röhre lag und das *Erdbeben" anfing, spürte ich einen grossen, inneren Frieden. Mir war so schön warm und mein Bett war schön weich. Diese Tabletten hatten es wirklich in sich. Im Nu war die Prozedur vorbei und ich fühlte mich noch eine gute Stunde wie auf rosa Wolken. Herrlich!
Im zweiten Teil ging es darum, die Aktivität des Hörnervs zu testen. Dazu musste ich mich auf ein Bett legen, welches sich in einer kleinen Kammer befand. Ich bekam einen Stöpsel ins Ohr, so wie man sie vom Walkman her kennt. Man sagte mir, dass es enorm wichtig sei, sich total zu entspannen. Der beste Fall wäre, wenn man einschlafen könnte. Da ich eigentlich immer und überall schlafen konnte, dachte ich mir: "Wenn es weiter nichts ist!" Mir wurde noch gesagt, dass der Test ca. 1 Stunde dauern würde und dann verliess der Pfleger die Kammer, schloss die Tür und stellte das Licht aus. Einen kurzen Moment später fing es auch schon an... der Albtraum begann. Ich hörte auf einem Ohr ein Geräusch, dass nur schwer zu beschreiben ist. Ich verglich es mit diesen Maschinen, mit denen die Bauarbeiter den Betonboden auflockern. Dieses Geräusch hörte ich während 15 Minuten mit einer Lautstärke von 75 Dezibel. Danach während 15 Minuten mit 95 Dezibel, bis es dann zum anderen Ohr wechselte für die nächsten dreissig Minuten. Schon etwa nach 5 Minuten war ich nassgeschwitzt. Und total aggressiv. Mir war klar, dass ich mich auf keinen Fall entspannen könnte. Ich bekam da drin total Panik. Es war stockdunkel und ich hörte diesen Lärm, der nicht mehr aufhörte. Mir wurde schwindlig und übel, mein Herz raste. Nach 45 Minuten kam Licht in die Kammer. Ich hatte es geschafft!!! Der Pfleger sah mich etwas bemitleidend an und meinte: "Sie waren überhaupt nicht entspannt, das sieht man bei den Aufzeichnungen. Es tut mir Leid, aber wir müssen das Ganze nochmals von vorne beginnen."
Was mir da durch den Kopf ging, dafür gibt es keine Worte. Jedenfalls keine salonfähigen.
Ich war überzeugt, dass dieser Test nicht nur den Hörnerv testete. Nein, er testete mein ganzen Nervensystem und erneut entdeckte ich neue Grenzen meiner psychischen Belastbarkeit.