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Mittwoch, 4. März 2015

Tagesklinik (Teil 3)

In dieser Zeit in der Tagesklinik sind bei mir sehr viele körperliche Veränderungen aufgetaucht. Was mir als Erstes auffiel, waren die Gleichgewichtsschwierigkeiten. Vorallem wenn ich müde war, oder wenn es draussen dunkel war. Dann schwankte ich ab und zu ein bisschen, konnte aber irgendwie nichts dagegen machen. Komisch.
Als Zweites fiel mir noch etwas ziemlich Komisches auf. Wir waren in der Turnhalle beim Sport und spielten Basketball. Ich liebe Basketball über alles. Da konnte ich mich jeweils richtig auspowern. Meine Ausdauer war zwar nicht mehr enorm gut, aber da konnte mich nichts aufhalten. Ich konnte stundenlang dem Ball nachrennen. ... Ich war also wieder mal hinter einem Ball her und hatte ein ziemliches Tempo drauf. Dann wollte ich bremsen, doch das funktionierte nicht. "Hirn an Beine, bitte stoppen!". Aber die Beine rannten weiter und ich erwischte somit den Ball nicht. Das passierte mir dann zwei- dreimal nacheinander und ich war danach total frustriert und verstand die Welt nicht mehr. Ich konnte rennen wie gestört aber nicht mehr anhalten. Bei einem Versuch anzuhalten bin ich sogar hingefallen. Anstatt zu stoppen wurden meine Beine zu Gummi und knickten ein. Was war da bloss los?
Das dritte Symptom war das Allerschrägste. Es kam mir vor, als wäre meine Zunge und meine Lippen "eingeschlafen". Ich hatte kein richtiges Gefühl mehr und es hat so gekribbelt. Man kann es vergleichen mit dem Gefühl, wenn einem nach einer Spritze beim Zahnarzt langsam wieder etwas Gefühl kommt. Man spürt leicht einen Druck, leichtes Kneiffen schmerzt aber noch nicht. Besonders stark wurde dieses Gefühl während dem Essen. Ich konnte mir nicht erklären was das sollte. Ich habe dann mit dem Psychologen darüber geredet und auch mit meiner Betreuerin. Beide meinten: "Also sie haben schon immer merkwürdige Dinge!". Und somit war das Thema erledigt. Ich war ein Mensch, der wahnsinnig viel Wert auf das Erst-Feedback legte. Hatte ich beispielsweise eine Idee, erzählte dieses jemandem und bekam ein negatives Feedback, so habe ich meine Idee wieder verworfen. Da man mich also nun wieder einmal nicht ernst nahm, verschweige denn zu einem Arzt schickte, war  ich wieder auf mich gestellt. Und ich war ja selber unsicher. All meine Ärzte belächelten mich. Ich hatte keine Fachperson, an die ich mich wenden konnte.
Wenn ich das jetzt schreibe, erscheint es mir sehr logisch, dass sich meine psychische Situation in der Zeit noch verschlechtert hat. Ich hatte nicht die Kraft mich durchzusetzen.
Ich hatte zwar wieder eine gute Tagesstruktur und soziale Kontakte. Aber ich war unheimlich wütend. Auf Jeden und Alles. Wieder einmal war ich an einem Ort wo alle nur mit den Ohren zuhören und nicht mit dem Herzen.
Meine Betreuerin meinte dann, dass es in Ihren Augen besser wäre, mich in eine geschlossene Klinik zu überweisen. Weil sie merkte, dass ich da nicht weiter kam und sie überhaupt nicht in mich hinein sah. "Sie sind wahrscheinlich hier bei uns nicht am richtigen Ort, wir können Ihnen nicht helfen!". Diesen Satz hatte ich in den letzten Jahren zur Genüge gehört. Gehörte ich denn überhaupt irgendwo hin?

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