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Dienstag, 17. Februar 2015

Tagesklinik (Teil 1)

Nach und nach wurde mir einfach alles zu viel. Das Arbeitslosenamt schickte mich zum Sozialamt und dort schickten sie mich wieder zurück. Die IV meldete sich ewig nicht und ich hatte das Gefühl, mir nicht mehr selber helfen zu können. Dazu kam, dass es mir gesundheitlich nicht gut ging, ich es aber nicht genau einordnen konnte. Ich fühlte mich krank, obschon ich kein Fieber hatte.
Meine Psychologin sorgte sich sehr und fand es die beste Lösung, wenn ich in eine psychiatrische Tagesklinik gehe. Sie meinte, es würde mir wieder einen Tagesablauf geben und zudem würde man mich dort unterstützen im Kampf gegen die Ämter. Dazu kam ja auch immer noch das psychologische Gutachten, welches die IV forderte und auch  dies könnte man mir nach einem Aufenthalt in dieser Klinik geben. Also stimmte ich zu und konnte kurz darauf auch schon meinen ersten Tag dort beginnen.
Mein Umfeld hat extrem schlecht auf diese Situation reagiert. "Was willst du denn in der Klappsmühle?" "Dir fehlt doch überhaupt nichts, geh endlich wieder arbeiten, dann gehts dir besser". Einige Bekanntschaften haben sich da verabschiedet, weil sie es überhaupt nicht versehen konnten.
Aber es war schliesslich mein Weg und ich war wirklich froh unter Leute zu kommen. Die Betreuer schienen alle sehr sympathisch zu sein. Eine von ihnen hat sich sehr bemüht mir das ganze Haus zu zeigen und mir den Tagesablauf zu erklären. Sie hat sehr deutlich gesprochen und immer den Blickkontakt gesucht. Auch die anderen "Patienten" haben mich sofort sehr herzlich aufgenommen und es wurde untereinander immer geschaut, dass keiner alleine rumsitzt. Diejenigen, die schon länger da waren, haben sich sehr um die Neulinge gekümmert und mir alles erklärt.
Für diejenigen, die es nicht kennen: In einer Tagesklinik geht man morgens hin, bleibt dann den ganzen Tag dort und geht am späteren Nachmittag wieder nach Hause. Es ist so wie eine Tagesbeschäftigung. Jeder Tag war individuell gestaltet. Wir gingen walken, machten Ausflüge, hatten Turnunterricht, bastelten im Atelier; wir kochten jedoch auch, kauften ein und putzten das Haus. Es war wirklich immer etwas los, ohne das man aber dabei überfordert wurde. Innerhalb ziemlich kurzer Zeit waren wir eine kleine Familie. Wir redeten extrem viel; nicht nur mit Psychologen. Die besten Gespräche führten wir unter uns "Patienten". Die einzige Person, die total unsympathisch war, war meine Betreuerin. Das war nicht von Anfang an so. Das hat sich ergeben. Sie kriegte es als Einzige nicht hin, deutlich genug zu sprechen. Zudem gab sie mir ziemlich rasch das Gefühl, nicht am richtigen Ort zu sein. Das störte mich sehr, weil mir der Ort gut tat. Ich fragte nach, ob es nicht möglich sei, die Bezugsperson zu wechseln. Nicht möglich. Das war sehr schade, denn ich konnte mich dieser Frau so überhaupt nicht öffnen. Und dadurch war sie unzufrieden und nahm mich nicht ganz ernst. Ich musste sie jedes Mal darauf hinweisen, dass ich nicht wegen einer psychischen Krankheit da war, sondern wegen dem Resultat einer körperlichen Krankheit. Aber sie versuchten natürlich mit allen Mitteln und Wegen meine Symptome auf die Psyche zu lenken. Und so erhielt ich mein erstes Psychopharmaka-Medikament. Es sollte angstlösend wirken und Stimmungsschwankungen ausgleichen.
Und irgendwie hatte ich noch ein Fünkchen Hoffnung, dass sie einfach Recht hatten. Und alles ist nur psychisch. Und dann würde ich diese Tabletten schlucken und alles würde wieder gut werden.

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